WiYou.de - Ausgabe 6/2015 - page 21

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 6­2015
Foto: Spelsberg
Schwerpunkt
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Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
In Form gebracht
Egal, welche Form ein Kunststoff am Ende hat, am Anfang steht das Gra­
nulat, so auch bei Paul.
Er bekommt dann morgens bei Schichtbeginn – als
Azubi unter achtzehn darf er noch nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden
– einen Auftragszettel. „Da steht ganz genau, welches Produkt aus welchem
Material in welcher Stückzahl hergestellt werden soll. Ich suche als nächstes
die passenden Werkzeuge raus.“ Mit Werkzeuge sind hier übrigens nicht Ham­
mer und Schraubendreher gemeint, sondern Formen. Die sind innen hohl und
können sich öffnen und schließen. Diese Formen baut Paul in eine Spritzguss­
maschine ein. „Dann stelle ich ein, wie schnell die Maschine fahren soll, mit
wie viel Druck und die Länge der Abkühlzeit. Das läuft alles über Computer­
einheiten und Touchsrceen und macht echt Spaß.“
Das Kunststoffgranulat selbst wird in einer anderen Halle zusammenge­
mischt.
Da kommen zum Beispiel noch Farbe und Flammschutz hinzu, bevor
es mit Unterdruck über Leitungen in die Maschinen kommt. „Dann schaltet
man die Maschinen an. Wenn die ersten Teile fertig sind, muss ich gucken, ob
sie in Ordnung, also richtig ausgegossen und keine Löcher drin, sind. Wenn sie
gut aussehen, nehme ich drei Teile mit in den Leitstand. Dort wird erst mithilfe
der technischen Zeichnung des jeweiligen Produktes und danach mit einer
speziellen Software am Computer geprüft, ob die Form auch wirklich exakt
den Vorgaben entspricht, denn nur dann gibt es die Freigabe für die Pro­
duktion.“
Die Maschinen laufen je nach Stückzahl – mal braucht man 800 Teile, mal
mehrere Hunderttausend – die ganze Woche durch.
Solange steht Paul aber
nicht daneben und schaut zu. „Ich hole mir den nächsten Auftrag und fange
wieder von vorne an, meist drei­ bis viermal pro Tag.“
Auch wenn ihm die Maschinen viel Arbeit abnehmen, muss Paul als Verfah­
rensmechaniker eine ganze Menge im Kopf haben.
„Ich muss die einzelnen
Kunststoffarten kennen, wissen, wie sie zusammengesetzt sind und bei wel­
cher Temperatur sie schmelzen. Das ist schließlich die Grundlage meiner
Arbeit und deshalb geht es in der Berufsschule im ersten Lehrjahr auch haupt­
sächlich darum. Wer in Chemie nicht gut ist, hat da wirklich zu kämpfen. Auch
für mich war es am Anfang nicht so einfach, aber ich hab mich reingefuchst.
Nach und nach kommen dann auch die ganzen Inhalte zu den Maschinen
dran. Da hilft es, wenn man ein bisschen technisch interessiert ist.“
In der Praxis ist dazu auch handwerkliches Geschick gefragt.
Man wird im
ersten Lehrjahr in der manuellen Werkstoffbearbeitung geschult, das heißt
Kunststoff feilen und kleben. Dazu kommen während der gesamten Aus­
bildung noch überbetriebliche Lehrgänge, unter anderem zur Pneumatik. „Wir
haben hier viele pneumatische Anlagen, wie die zum Herausnehmen der Teile,
auch mit denen muss man sich auskennen.“ Auch das Instandhalten der
Maschinen gehört zu Pauls Aufgaben. „Das ist allerdings etwas, was ich nicht
ganz so gern mache, aber es gehört eben dazu.“ Paul ist jetzt im zweiten Lehr­
jahr der dreijährigen Ausbildung und hat schon Pläne für die Zeit danach: „Ich
will in diesem Beruf arbeiten und meinen Meister machen“. (mü)
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Es gibt Berufsbezeichnungen, die sind leicht zu durchschauen – Bäcker, Goldschmied, Krankenpfleger – und es gibt die, bei denen man erst einmal nicht
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weiß, was da dahintersteckt. Dass der Verfahrensmechaniker für Kunststoff­ und Kautschuktechnik zu Letzteren gehört, weiß der 17­jährge Paul aus
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eigener Erfahrung. Er lernt nämlich genau diesen Beruf und muss immer wieder erklären, was genau er da in seinem Ausbildungsbetrieb Spelsberg
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in Buttstädt eigentlich macht. „Verständlicher ist es, wenn man die alte Bezeichnung Kunststoffformgeber verwendet, denn genau darum geht es:
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Kunststoff in eine bestimmte Form zu bringen. Im Fall von Paul sind es meist Kästen für Elektroinstallationstechnik, wie Sicherungskästen zum Beispiel.
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Aufgaben
Verfahrensmechaniker für Kunststoff­ und Kaut­
schuktechnik stellen Bauteile und Produkte aus
polymeren Werkstoffen her.
Dauer
3 Jahre
Voraussetzungen
gute Noten in den Naturwissenschaften, hand­
werkliches Geschick, Interesse an Technik, körper­
liche Fitness, genaues Arbeiten, Beobachtungs­
genauigkeit, Bereitschaft zur Schichtarbeit
Chancen
Neben der Ausbildung zum Techniker
oder Meister sind Spezialisierungen
möglich, beispielsweise in den Bereichen
Werkstoffprüfung, Qualitätssicherung
und Steuerungstechnik.
Verfahrens-
mechaniker für
Kunststoff- und
Kautschuktechnik
(m/w)
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